Die Geschichte der Raumfahrt hat, so traurig es auch klingen mag, im 2. Weltkrieg begonnen, denn aufgrund des Versailler Vertrags, der nach dem Ersten Weltkrieg geschlossen wurde, durfte Deutschland keine schweren Geschütze haben. So unterstützte das deutsche Heereswaffenamt und später auch die Luftwaffe die Entwicklung einer völlig neuen Idee. Die Rakete mit flüssigem Treibstoff. So entstand das Aggregat 4 auch Vergeltungswaffe 2 (V2) genannt.
Entwickelt wurden diese Raketen erst in Kummersdorf West und später dann in Peenemünde. Verantwortlich waren der Direktor Walter Dornberger und der leitende Ingenieur Wernher von Braun. Hierbei kamen 544 Unternehmen und 47 Forschungseinrichtungen zum Einsatz und das Dritte Reich steckte "immense Summen" in dieses Megaprojekt. Allerdings kamen bei der Fertigung der Raketen und beim Ausheben der Stollen für unterirdische Fertigungsanlagen (Mittelbau Dora) auch KZ-Häftlinge unter unmenschlichen Bedingungen zum Einsatz. Man schätzt, das etwa 20.000 Menschen hierbei ihr Leben ließen. [1]
Der Historiker Jens-Christian Wagner hat jetzt weitere Dokumente über die Sklavenarbeit vorgelegt. "Auch in Peenemünde existierten zwei Konzentrationslager", berichtet er, "arbeitsunfähige Häftlinge kamen in ein Massengrab."
Das neue Beweismaterial belastet vor allem den ehemaligen Bundespräsidenten Heinrich Lübke schwer. Als oberster Bauleiter von Peenemünde ließ er Flugpisten, Prüfstände und Gebäude errichten. [2]
Da ab September 1939 der Zweite Weltkrieg in Europa begann, der vom Naziregime von langer Hand geplant war, wurden vielversprechende Waffenentwicklungen früh gefördert. Allerdings waren die Anforderungen der Militärs an diese "Wunderwaffe" weit überzogen. Niemand der verantwortlichen Ingenieure hatte eigentlich damit gerechnet, dass die Raketen als Waffen zum Einsatz kommen werden, denn Wernher von Braun und Co. schwebte von Anfang an lieber die Erforschung des Weltraumes vor.
Schon ab 1937 wurden die Raketen auf dem Testgelände in Peenemünde gefertigt und getestet, da Kummersdorf West zu klein war für die Entwicklung von Großraketen. Der erste erfolgreiche Start war am 03.10.1942 von Peenemünde aus. Im Inneren verbrannten pro Sekunde 125 Liter Kartoffelschnaps und flüssiger Sauerstoff. [2]
Bei diesem Testflug erreichte die Rakete eine Höhe von 90 km und eine Flugstrecke von über 300 km. Die V2 war 14 m lang und 13 t schwer, die Nutzlast dieser Rakete betrug 1 t. Sie bestand aus 20.000 Einzelteilen und die Triebwerke lieferten 650.000 PS. Aber es gab auch Pläne für noch größere Raketen, die als Interkontinentalraketen konzipiert waren. Die zweistufigen Raketen Aggregat 9 und Aggregat 10. Sie wurden aber nicht mehr verwirklicht.
Das Wernher von Braun und die anderen beteiligten Ingenieure an die friedvolle Raumfahrt gedacht haben wird klar, wenn man sich die Entwicklungspläne der A12 ansieht. Denn die A12 war mit einer Kapsel ausgestattet, welche Menschen hätte transportieren können und war der späteren Saturn V nicht unähnlich. Dieser immer wiederkehrende Gedanke an die Raumfahrt brachte Wernher von Braun auch in ernste Schwierigkeiten mit den Verantwortlichen. Denn er wurde wegen seiner Raumfahrtplänen von der Gestapo verhaftet und erst Dornberger und Albert Speer konnten Hitler überzeugen, dass ohne von Braun das ganze Projekt zum Scheitern verurteilt sei.
Noch vor Kriegsende nahmen Dornberger und von Braun Kontakt zu den amerikanischen Streitkräften auf. Nachdem Krieg wurden sie dann mit den meisten anderen Ingenieuren in die USA gebracht und arbeiteten in White Sands New Mexiko, zuerst an Verbesserungen der V2 Raketen für das US-Militär und später auch an völlig neuen Konzepten. Hier entstand unter anderem die Redstone Rakete, die beim Mercury Programm zum Einsatz kam.
Doch auch die Sowjetunion konnte Teile und Ingenieure des deutschen Raketenprogramms ergattern und unter der Leitung von Sergej Koroljow gelang es den Sowjets, vor den USA Geschichte zu schreiben.
Am 4.10.1957 brachte eine sowjetische SS-6 Rakete den ersten Satelliten Sputnik in einen Orbit. Dabei handelte es sich um eine 83,5 kg schwere Silberkugel, die das Weltraumzeitalter einläutete.
Und schon am 3. November 1957 startete Sputnik 2 mit der Hündin Laika an Bord, für die es keine Möglichkeit zum Überleben gab. Dennoch lösten diese Ereignisse in den USA den so genannten Sputnik-Schock aus, da die Sowjetunion dieses Rennen für sich entscheiden konnte.
Hinzu kam, dass 1957 der Start einer Vanguard Rakete fehlschlug und somit der erste Versuch einen amerikanischen Satelliten zu starten scheiterte. Erst Wernher von Braun und seinem Team gelang es am 31. Juni 1958 mit einer Jupiter-C Rakete den ersten amerikanischen Satelliten ins All zu befördern. Dieser Satellit trug die Bezeichnung Explorer-1 und entdeckte mit dem an Bord befindlichen Geigerzähler den Van Allen Strahlungsgürtel.
Im August 1960 startete Sputnik 5 mit den Hunden Strelka und Belka an Bord einer Wostock-Kapsel Kapsel und beide Hunde kehrten wieder sicher auf die Erde zurück. Auf amerikanischer Seite war der Suborbital Flug des Schimpansen Ham im Januar 1961 mit einer Redstone Rakete der bis dahin größte Erfolg.
Am 12. April 1961 startete dann Juri Gagarin an Bord einer kreisrunden Wostock-1 Kapsel mit einer SS-6 Rakete als erster Mensch ins All und die USA konnten erst ein Jahr später beim Mercury Programm nachziehen, bevor das Wettrennen zum Mond begann.
[2] https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/raketen-dschungel-himmelfahrt-auf-usedom-a-136477.html
Anmerkung: Mehr zu diesem Thema erfahren sie in meinem Buch "Space - Die Zukunft liegt im All" (2019), im Kapitel "Pioniere der Raumfahrt".
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