Weibliche Kriegerinnen waren in der Antike keineswegs eine Ausnahmeerscheinung, da in vielen Teilen der Welt, Geschichten von weiblichen Kämpferinnen überliefert sind. Auch wenn einige dieser Erzählungen mythologischen Ursprungs sind, haben manche doch einen wahren Kern.
Das dies im öffentlichen Bewusstsein weniger verbreitet ist, liegt an religiös geprägten Vorstellungen und der durch die Kirche zugewiesenen Rolle der Frau, sowie daran, das viele schriftliche Aufzeichnungen mit der Zeit verloren gegangen sind oder erst aus späterer Zeit stammen und dadurch eher ein glorifiziertes als reales Abbild zeigen.
Dabei hat kein Volk die Fantasie von Künstlern und Philosophen so beschäftigt, wie das Volk der Amazonen.
Der Mythos
Der Legende nach handelt es sich bei den Amazonen um die „Töchter des Ares“ und um groß gewachsene blonde Frauen, europäischen Typs, deren Herrschaftsgebiet sich um das Schwarze Meer (Pontus) erstreckte. Sie sollen sich ihre rechte Brust verstümmelt haben (wahrscheinlicher ist aber das sie sich diese mit einem Lederriemen abgebunden haben), um beim Bogenschießen nicht behindert zu werden. Ferner sollen bei ihnen nur Männer (vom Stamm der Gargareans) geduldet worden sein, wenn sich die Amazonen mit ihnen paaren wollten. Die weiblichen Babys blieben bei den Amazonen, die männlichen Kinder wurden zu ihren Vätern geschickt oder nach besonders blutrünstigen Überlieferungen getötet bzw. verstümmelt.
Auch sollen folgende Städte von den Amazonen gegründet worden sein: Izmir (Smyrna), Sinope, Paphos und Ephesus, weshalb der Tempel der Artemis auch als Schutzort der Amazonen galt, die als Mondgöttin verehrt worden war. Ursprünglich sollen sie aber aus der Gegend um Thermodon stammen.
Die Amazonen sollen griechischen Ursprungs gewesen sein und verehrten, genau wie benachbarten Thraker und Skythen, Ares als ihren Hauptgott. Zu späterer Zeit sollen sich die Skythen mit den Amazonen vermischt haben, woraus sich wiederum der Völkerstamm der Sauromaten (Töchter der Amazonen) entwickelte.
Die Amazonen sollen hohe Helme und prachtvolle goldene Gewänder getragen haben, wobei sie auf Vasen, wie sie in der staatlichen Antikensammlung in München zu sehen sind, auch mit einem Pantherfell ausgestattet gewesen sein sollen. In Umgang mit Waffen waren sie insbesondere mit dem Bogen begabt, verwendeten aber auch Schwerter, Äxte und Hellbarden.
Es soll auch dominierende Frauengemeinschaften auf Lemnos, Lesbos (hieraus leitet sich der Begriff für die weibliche Homosexualität ab – Lesben) und Tamnos gegeben haben, wobei letztere Männer auch als rituelle Menschenopfer benutzt haben sollen.
Neben dem griechischen Ursprung der Amazonen gibt es auch die Theorie, das die Amazonen von den Minoern abstammen. Ein Indiz hierfür ist die minoische Doppelaxt, die von ihren Priesterinnen zeremoniell benutzt worden sein soll, sowie der starke weibliche Einfluss in der minoischen Kultur und Religion.
Königinnen der Amazonen
Thalestris – Die letzte der Amazonenköniginnen, die um 320 v. Chr. Alexander den Großen besucht haben soll, um ein Kind von ihm zu empfangen. Zwar soll Alexander aufgrund der attraktiven Erscheinung der Königin nicht abgeneigt gewesen sein und verlängerte hierfür extra den Aufhalt seines Heeres um 13 Tage und Nächte, doch ein mögliches Kind wurde nie geboren da Thalestris kurz nachdem sie in ihr Reich zurückgekehrt war, in einem Kampf mit einem benachbarten Stamm fiel. Eine Quelle hierfür ist der römische Historiker Quintus Curtius Rufus, der zehn Bücher mit der „Geschichte Alexanders des Großen“ (Historiae Alexandri Magni) schrieb.
Penthesilea – Die Königin, die den eingeschlossenen Trojanern mit 12 Kriegerinnen (Clonie, Polemusa, Derinoe, Evandre, Antandre, Bremusa, Hippothoe, Harmothoe, Alcibie, Derimacheia, Antibrote und Thermodosa) zur Hilfe kam und erst dem griechischen Held Achilles in einem Zweikampf unterlag. Der Legende nach, soll Achilles der sterbenden den Helm abgenommen und sich augenblicklich in sie verliebt haben, woraufhin er ihren Tod bedauerte. Darüber amüsierte sich Thersites, der Sohn des Agrios, und wurde von Achilles getötet.
Hippolyte (Antiope) – Um sie gibt es mehrere legendäre Geschichten, die sich teilweise widersprechen. So soll diese Königin der Amazonen einen „Gürtel“ des Kriegsgottes Ares besessen haben, der von Herakles gestohlen bzw. freiwillig von Hippolyte ausgehändigt wurde, was Hera, die Gemahlin des Zeus, auf den Plan rief und in dessen Verwicklung Hippolyte getötet bzw. von Theseus entführt wurde, was einen Krieg zwischen den Amazonen und Athenern verursachte. Eine Quelle hierfür ist der griechische Schriftsteller Plutarch.
Fakten
Im Gegensatz zu den Frauen der Athener, die nicht gleichberechtigt waren und auch keinen politischen Einfluss hatten, gab es zahlreiche Kulturen, in denen dies nicht so war. So waren z.B. die Frauen der Minor, ebenso wie die Frauen der Skythen vollkommen gleichberechtigt und es war nicht ungewöhnlich, das die Frauen an der Seite der Männer kämpften und auch die Frauen in Sparta prägten das alltägliche Leben (sie hatten zwar kein politisches Stimmrecht, doch hatten sie das Recht gehört zu werden und aufgrund der Ausbildung in der lakonischen Redekunst, auch einen erheblichen Einfluss).
Das erste schriftliche Dokument, das die Amazonen erwähnt, ist Homers Ilias. Homer war ein griechischer Dichter, der im 8. Jahrhundert v. Chr. in Kleinasien lebte und unser heutiges mythologisches Bild durch seine Werke, zu der neben der Ilias vor allem die Odyssee zählt (die Abenteuer von Odysseus), stark prägte.
Der erste indische König Chandragupta Maurya, der einen Zentralstaat in Indien regierte (322-298 v. Chr.), hatte eine Leibgarde aus groß gewachsenen griechischstämmigen Kriegerinnen.
Auch bei den germanischen Stämmen und den Kelten kämpften Frauen oft an der Seite ihrer Männer.
Neben den griechischen Amazonen gab es auch nordafrikanische (libysche) Amazonen, die mal mit mal gegen die Ägypter unter Pharaos Petubastis (ca. 818-793 v. Chr.) kämpften, wie zwei erhalten gebliebene Papyrus, in demotischer Schrift, zeigen. Abgesehen davon haben libysche Kriegerinnen eine Jahrtausende alte Tradition. Eine Königin dieser Amazonen war Myrine. [1]
Archäologische Funde
Die beiden Archäologen Janie Davis Kimball und Leonid Jablonskij haben in Südrussland und der Ukraine mehrere Gräber von Kriegerinnen gefunden, die etwa 2.300 Jahre alt sind und die neben Ohrringen, Broschen auch filigran gearbeitete Artefakte, sowie Schwerter, Äxte, Bögen und Pfeilspitzen enthielten. Außerdem wurde auch Alabaster aus Ägypten in den Gräbern gefunden und die Leichen lagen in einer „Angriffshaltung“.
Der Oberschenkelknochen war dabei ungewöhnlich gebogen und die Steißbeine gestaucht, weshalb es sicher ist, das diese Kriegerinnen viel geritten sind.
Das ZDF drehte hierüber eine Reportage mit dem Titel „Sagenhafte Völker – Das Amazonenrätsel“. (Anmerkung: Heute leider nur noch über YouTube abrufbar).
[1] http://en.wikipedia.org/wiki/Myrine
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