Ein riesiges Teleskop auf dem Mond ist seit dem Anfang des Weltraumzeitalters der Traum eines jeden Astronomen. Ein Mond-Teleskop von der gleichen Größe wie das Hubble (2,4 Meter im Durchmesser), wäre ein bedeutendes, astronomisches Instrument. Eines so groß wie das größte Teleskop auf der Erde -- 10,4 Meter im Durchmesser -- würde wesentlich mehr sehen als Teleskope auf der Erde, weil der Mond keine Atmosphäre hat.
Aber warum sollte man hier aufhören? In der schwachen Gravitation des Mondes wäre es vielleicht möglich ein Teleskop zu bauen, dessen Spiegel einen Durchmesser von 50 Metern hat – ausreichend, um die Chemie auf entfernten Planeten, die um andere Sterne kreisen, nach Zeichen des Lebens zu untersuchen.
Das ist der Traum von Peter C. Chen, Astrophysiker an NASAs Goddard Space Flight Center. Und er möchte es mit Mondstaub bauen -- weil dies vielleicht einfach der ökonomischste Ansatz ist.
"Wenn wir alle Materialien von der Erde transportieren müssten, wären wir durch die Tragkraft der Raketen eingeschränkt" erklärt Chen. "Aber auf dem Mond ist man überall von Mondstaub umgeben" -- in Chens Augen, der Experte auf dem Gebiet der Verbundstoffe ist, eine wertvolle, natürliche Ressource.
Verbundstoffe sind synthetische Materialien, die durch Mischen von Fasern oder Granulat, aus verschiedenen Stoffen, zu Epoxid, das sich dann aushärtet, entstehen. Verbundstoffe haben zwei wertvolle Eigenschaften: ultraleichtes Gewicht und außergewöhnliche Stärke. Auf der Erde sind zum Beispiel Radrahmen, die aus Carbon-Fasern und Epoxid gemacht sind, sehr beliebt bei Radrennsportlern.
"Warum nicht einen Verbundstoff mit Hilfe von Mondstaub herstellen"? fragt Chen, der auch außerordentlicher Professor an der Catholic University of America in Washington, D.C. ist. In seinem Labor mischte er also NASAs simulierten Mondstaub, genannt JSC-1A Coarse Lunar Regolith Simulant, mit Epoxid und einer kleinen Menge Nanoröhrchen aus Kohlenstoff, einer erst kürzlich entdeckten Form des Kohlenstoffs, die viele ungewöhnliche und nützliche Eigenschaften besitzt. Das Ergebnis? "Es kam so hart, stark und dicht heraus wie Beton."
Mithilfe einer lange bekannten Technik, genannt Dreh-Guss, stellte Chen einen kleinen Teleskopspiegel her. Zuerst formte er eine Scheibe mit einem Durchmesser von 30 Zentimetern aus dem Verbundstoff. Danach brachte er eine dünne Schicht reines Epoxid darauf und drehte den Spiegel mit einer konstanten Geschwindigkeit, während das Epoxid aushärtete. Die Oberfläche des Epoxids war als parabolische Form geplant -- genau die Form, die man benötigt, um ein Bild zu fokussieren. Als das Epoxid ausgehärtet war, brachte Chen es in eine Vakuumkammer, um eine dünne Schicht Aluminium auf die Oberfläche zu bringen, und so einen 12 Zoll Teleskopspiegel zu erzeugen.
Die Nanoröhrchen aus Kohlenstoff machen den Verbundstoff zu einem Leiter. Leitfähigkeit erlaubte es einen großen Spiegel auf dem Mond, im monatlichen Zyklus von Mondtag und -Nacht, schnell ein thermisches Gleichgewicht herzustellen. Es würde den Astronomen auch erlauben, durch die angebrachten Elektroden am hinteren Teil des Spiegels, einen benötigten elektrischen Strom anzulegen. Dies bräuchte man, um so seine parabolische Form zu erhalten, da bei einem Schwenk des riesigen Teleskops von einer Stelle des Himmels zu einer anderen, die Anziehungskräfte des Mondes auf ihn wirken.
Um einen hubblegroßen Spiegel aus Mondstaub herzustellen, müssten Astronauten, nach Chens Berechnungen, nur 60 kg Epoxid, 1,3 kg Nanoröhrchen aus Kohlenstoff und weniger als 1 Gramm Aluminium auf den Mond bringen. Der Hauptteil des Materials -- um die 600 kg Mondstaub -- liegt sowieso auf dem Mond herum und kostet nichts.
"Ich glaube wir haben eine einfache Methode entdeckt, ein großes, astronomisches Teleskop auf dem Mond zu bauen, und das zu einem 'nicht-astronomischen' Preis", sagt Chen. "Ein großes Weltraumteleskop mit Materialien zu bauen, die vor Ort verfügbar sind, ist nur auf dem Mond möglich. Diese Möglichkeit kann ein entscheidendes wissenschaftliches Argument für eine Rückkehr zum Mond sein."
"Es ist grundsätzlich eine großartige Idee, aber auf dem Mond ist nichts einfach", warnt der Physiker James F. Spann, der das Space and Exploration Research Office am Marshall Space Flight Center leitet. "Einen großen, sich drehenden Tisch zum Mond zu schicken, wäre eine große Herausforderung. Wenn wir die Maschine in der staubigen Umgebung auf dem Mond zum Drehen brächten, wie lange würde es dauern, bis sich Staub darauf absetzt"? fragt er.
Sprühender Aluminiumdampf, in Gegenwart von allgegenwärtigem Staub, wäre eine weitere Herausforderung, weil "die Beschichtung von Spiegeln auf der Erde, in Reinräumen durchgeführt wird. Man muss einige Themen der Herstellbarkeit lösen."
Trotz dieser Bedenken sieht Spann Vielversprechendes in Chens Arbeit und er freut sich darauf anzufangen, eine einfache Verbundstoff Struktur auf dem Mond herzustellen, etwas wie den Guss von Mauersteinen aus Epoxid und Mondstaub. "Diese Blöcke wären hilfreich beim Bau von Iglus oder Unterkünften für Astronauten," sagt er. Danach könnten die Astronauten beginnen so etwas wie Stäbe, Röhren und andere Strukturen herzustellen, um so zu lernen, wie Epoxid im Vakuum des Mondes aushärtet und wie widerstandsfähig es unter der Einstrahlung des ultravioletten Lichts von der Sonne ist. Am Ende würde sich vielleicht zeigen, dass auch ein Teleskop machbar wäre. "Wir haben viel zu tun, um herauszufinden, was möglich ist", sagt er.
Eines ist klar: Der Himmel ist die Grenze, vor allem wenn man so viel Mondstaub zur Verfügung hat.
Quelle: Science(at)NASA
Autor: Frank Erhardt