Sie kennen die Planeten unseres Sonnensystems, jeder eine einmalige Welt, mit seiner eigenen individuellen Erscheinung, Größe und Chemie. Mars mit seinem bitterkalten, rostig roten Sand; Venus, eine feurige Welt, eingehüllt in dicke Wolken aus Schwefelsäure; Uranus und seine seltsamen, vertikalen Ringe. Die Vielfalt ist atemberaubend.
Stellen Sie sich nun vor, dass diese Vielfalt in hunderten von Sonnensystemen existieren muss. Es gibt dort draußen vielleicht Welten, welche die Venus als gemütliches Plätzchen und Uranus noch recht aufrecht erscheinen lassen. Vor nur 20 Jahren waren sich die Astronomen nicht sicher, ob solche Welten außerhalb unseres Sonnensystems existieren. Jetzt haben sie schon mehr als 280 von ihnen gefunden, jede mit seiner eigenen Planeten-"Charakteristik", und jede ein Beispiel dafür, wie faszinierend die Welt sein kann.
Bisher steht die Entdeckung von Planeten noch in ihren Anfängen. Diesen Herbst werden Astronomen eine große Suche nach neuen Planeten beginnen, indem sie etwa 11.000 nahe Sterne über einen Zeitraum von 6 Jahren beobachten werden. Diese Anzahl lässt die bisherigen 3.000 Sterne wenig erscheinen, die bis heute nach Planeten abgesucht wurden. Wissenschaftler schätzen, dass das von der NASA finanzierte Projekt, genannt MARVELS (Multi-object Apache Point Observatory Radial Velocity Exoplanet Large-area Survey), mindestens 150 neue Planeten entdecken wird -- vielleicht sogar noch viel mehr.
"Wir suchen hauptsächlich nach großen Planeten wie Jupiter", sagt Jian Ge, leitender Forscher für MARVELS und Astronom an der University of Florida in Gainesville. Ge hätte es gerne, wenn große Planeten zu "Leuchttürmen würden", welche auf die Gegenwart von ganzen Sonnensystemen hinweisen. "Wenn wir erst einmal einen großen Planeten in der Umgebung eines Sterns finden, wissen wir, dass es dort auch kleinere Planeten geben könnte."
MARVELS wird wesentlich mehr tun, als nur ein paar hundert zusätzliche Planeten aufzuzeichnen. Indem es die jupiterähnlichen Planeten in der Umgebung einer solch großen Anzahl von Sternen beobachtet, zielt MARVELS darauf ab, den Astronomen die Daten zu liefern, welche sie für Tests ihrer Computer Theorien über die Entwicklung von Planetensystemen benötigen.
Um so viele Sterne zu beobachten, wird MARVELS ein Teleskop benutzten, dass 60 Sterne gleichzeitig aufnehmen kann. Diese Zahl wird letzten Endes dann sogar auf 120 Sterne gesteigert. Das Teleskop, welches im Apache Point Observatorium in den Bergen von Sacramento in New Mexico aufgestellt wird, hat einen Primärspiegel mit einem Durchmesser von 2,5 Metern und ein Blickfeld, dass 7 Grad am Himmel beträgt -- ein Gebiet, dass 35 Mal größer als der Mond erscheinen würde.
Ein Array von 60 optischen Glasfaserkabeln wird das Licht von der Brennebene des Teleskops zu hochempfindlichen Interferrometern transportieren. Diese Instrumente können winzige Veränderungen in der Frequenz des Lichts eines Sterns entdecken. Wie hilft das dabei Planeten zu finden? Ge erklärt: Wenn ein Stern von der Anziehungskraft des ihn umkreisenden Planeten hin und hergezogen wird, wird das Licht des Sterns in seiner Frequenz ebenfalls hin und her verschoben -- ein Effekt der als Doppler-Effekt bekannt ist. Die hohe Anziehungskraft von Planeten mit der Größe Jupiters, wendet einen großen Zug auf den Mutterstern aus, wodurch man sie mit Hilfe der Doppler Verschiebung relativ einfach finden kann.
Wenn Ge und seine Kollegen entdecken, dass sich die Frequenz eines Sterns im Laufe von Tagen, Wochen oder Monaten wiederholt langsam erhöht und wieder abfällt, ist es sehr wahrscheinlich, dass sich dort ein Planet befindet.
Die Wissenschaftler sind gespannt darauf, welche Arten von Sternen von Gasriesen umkreist werden. Eine Theorie über die Bildung solcher Planeten sagt, dass Sterne, die reich sind an schweren Elementen wie Silizium, Sauerstoff und Nickel, eher solche jupiterähnliche Planeten haben sollten. Stellen Sie sich eine Planeten-bildende Scheibe um einen Stern herum vor: Die Scheibe, wie auch der Stern selber, wäre reich an schweren Elementen. Diese schwereren Elemente bildeten felsige Stückchen in der Scheibe, und diese Stückchen würden miteinander kollidieren und sich zu größeren "Planetensamen" verbinden, die dann eine ausreichend hohe Anziehungskraft haben, um Gas um sie herum anzusammeln und zu einem Riesen heranzuwachsen.
Wenn MARVELS also mehr Gasriesen um Sterne herumfindet, die schwerere Elemente beinhalten, würde die Untersuchung diese Theorie unterstützen. Einige Gasriesen jedoch benötigen diese schwereren Elemente vielleicht nicht, um sich zu bilden. Eine andere Theorie schlägt vor, dass jupiterähnliche Planeten einfach entstehen, weil eine Störung in der Planeten-bildenden Scheibe einen Gravitationskollaps eines Gebiets aus Gas und Staub auslöst -- ohne dass Samen notwendig wären.
Indem man eine große Anzahl von Sternen, mit unterschiedlichen Anteilen von schweren Elementen, untersucht, kann MARVELS vielleicht eine der beiden Theorien bestätigen.
Daten von MARVELS werden auch Licht auf andere offene Fragen der Planetenbildung werfen. Wie oft etwa wandern die Umlaufbahnen von Gasriesen näher an ihre Sterne heran, und wie kann es sein, dass Planeten manchmal einen sehr exzentrischen Orbit haben, anstatt der nahezu kreisförmigen Umlaufbahn, wie es die Theorie vorhersagt? Indem eine noch nie da gewesene Anzahl von Sternen beobachtet wird, könnte MARVELS die Daten liefern, welche die Wissenschaftler benötigen, um Muster in den Bedingungen zu finden, welche am günstigsten für die Planetenbildung sind. Wissen, von dem zukünftige, detaillierte Beobachtungen von einzelnen Sternen dann profitieren können.
Nachfolgende Beobachtungen nutzen dann vielleicht Weltraumteleskope, die in der Lage sind, ein grobes Bild dieser zahlreichen Welten zu zeigen. Die Planeten, die wir kennen, sind vielleicht nur eine Andeutung auf die Wunder, die dort draußen auf uns warten...
Quelle: Science(at)NASA
Autor: Frank Erhardt