Wie bringt man eine 90.000 Kilogramm schwere Trägerrakete wieder zurück zur Erde, nachdem sie ihre Ladung auf den Weg zum Mond gebracht hat? Sehr vorsichtig!
Dies ist etwas, das die NASA lernen muss. Die Agentur plant die Rückkehr zum Mond innerhalb der nächsten 10 Jahre, und die Entwürfe für die neuen Ares Mondraketen erfordern wieder verwendbare Trägerraketen. Diese großen Seiten-Raketen können nicht einfach in den Ozean fallen, wenn sie keinen Treibstoff mehr enthalten – sie müssen sanft zur Erde zurückgebracht werden.
Heute hat die NASA einen wichtigen Schritt unternommen, um diese spektakuläre Leistung zu meistern, als Techniker erfolgreich den riesigen Fallschirm testeten, der entworfen wurde, um die erste Stufe der Ares I Trägerrakete zurück zum Boden zu bringen. Der Fallschirm mit einem Durchmesser von 45 Metern bestand den Test mit Bravour. Der Fallschirm fiel aus einer Höhe von 5.000 Metern zum Erdboden und setze seinen großen Passagier sanft (relativ gesehen) auf dem Boden in Yuma, Arizona auf.
"Alles musste für uns genau nach Plan ablaufen, um eine 19.000 Kilogramm schwere Tonne vom Heck eines C-17 Flugzeugs zur richtigen Zeit abzuwerfen”, sagt James Burnum von NASAs Marshall Space Flight Center. "Wir mussten unseren Fallschirm genau nach den beschriebenen Testbedingungen aussetzen – und es funktionierte perfekt“.
Der Test vom 15. November folgte einem vorherigen, ebenfalls erfolgreichen Abwurf am 25. September. In beiden Fällen betrug die Nutzlast weniger als die vollen 90.000 Kilogramm. Trotzdem gaben die Tests den Technikern die Chance, die Luftwiderstandsfläche des Fallschirms zu messen, sowie seinen Aufbau zu validieren.
Die NASA hat bereits viele Erfahrungen mit Fallschirmen gesammelt: Ein Fallschirm bringt die Feststoffbooster des Shuttles zurück zur Erde, damit sie aufbereitet und erneut genutzt werden können, und auch für die Ares Trägerraketen nutzen die Techniker ein ähnliches System. Die Ares Trägerrakete ist wesentlich schwerer und wird schneller zur Erde stürzen als die Feststoffbooster des Shuttles, weswegen stärkere Materialien benutzt werden müssen.
"Diese Fallschirme bestehen aus Kevlar, wohingegen die Fallschirme des Shuttles aus Nylon hergestellt werden”, sagt Ron King, auch vom Marshall. "Kevlar ist stärker und leichter als Nylon, weshalb der Fallschirm größer sein kann und trotzdem genauso viel Platz braucht und dabei weniger wiegt. Der Aufbau dieses Systems ist aber trotzdem fast der gleiche wie beim Shuttle“.
Dieses bewährte Design ist vielleicht einer der Gründe für die erfolgreichen Tests, aber die gesamte Geschichte des Fallschirms führt uns auf eine Reise durch die Geschichte:
Leonardo Da Vinci träumte vor fast 500 Jahren von der Idee eines Fallschirms. Etwa 100 Jahre später baute Faust Vrancic einen starren Fallschirm, basierend auf Da Vincis alten Zeichnungen. Vrancic testete seine steife Vorrichtung, indem er von einem Turm in Venedig sprang. Er landete irgendwie sicher auf dem Boden.
Im Jahre 1793 benutzte Jean Pierre Blanchard Seide um den ersten weichen, faltbaren Fallschirm herzustellen. Andrew Garnerin unterzog Blanchards Design im Jahre 1797 einem ersten Test, indem er aus einem Heißluftballon sprang.
Mehr als ein Jahrhundert später, im Jahre 1912, verblüffte Albert Berry Beobachter mit einer weiteren Premiere, indem er aus einem Flugzeug absprang, um einen Fallschirm zu testen. Das Flugzeug startet irgendwo in der Nähe von St. Louis mit Berry an Bord. Er kletterte durch den Flugzeugrumpf nach unten, stand auf der Axe und sprang. Er vollführte einen perfekten Sprung, obwohl er zugab, sich „unbehaglich“ gefühlt zu haben, weil er 150 Meter fiel, bevor sich der Fallschirm öffnete.
Im Schnelldurchlauf zur Gegenwart, zu Ron King, der während NASAs erstem Fallschirmtest seinen eigenen Moment der Unbehaglichkeit hatte.
"Wir waren ein wenig besorgt aufgrund der Größe und des Gewichts unserer Nutzlast”, sagt King. „Wir waren nicht sicher, wie sich etwas von dieser Größe verhalten würde, aber wir erwarteten einen Erfolg und bekamen ihn“.
Das Ares I Fallschirmsystem besteht aus drei Typen von Fallschirmen: (1) einem kleinen Pilot Fallschirm, der den Windsack herauszieht; (2) einem Windsack mit einem Durchmesser von 20 Metern, der die Trägerrakete in eine vertikale Position bringt und ihre Sinkgeschwindigkeit absenkt, und (3) drei Hauptfallschirmen die die Trägerrakete weiter verlangsamen und sie zum Boden gleiten lassen.
Die Tests sollen noch bis zum Jahr 2010 fortgesetzt werden.
"Diese Ereignisse waren die ersten Live Tests von Flughardware für die Ares Raketen – unserem Schiff für den Mond”, sagt King. „Sie repräsentieren einen ersten Schritt“.
Sie erinnern an andere erste Schritte aus vergangenen Jahrhunderten – wie die ersten Schritte die ein paar Menschen von großen Höhen in dünne Luft unternahmen, unterstützt nur von ihrem Mut und der Hoffnung, dass ein nicht getesteter Fallschirm auf ihrem Rücken funktionieren würde.
So weit so gut. Nun geht es in Richtung Mond!
Quelle: Science@NASA
Autor: Frank Erhardt